Schon Wieder Vereinijung!
Express-Historie von A. Behmel

In Leipzig und jar nicht in Berlin begann die vorerst letzte große Wende von unsrer wendenreichen Geschichte, sondern in Moskau und in Budapest, wo zwei für die BRDDR äußerst wichtige Führungskräfte einen jeweils äußerst wichtigen Beschluß gefaßt hatten. Unser Mann in Moskau hieß Michail Gorbatschow und der in Budapest war Präsident Gyula Horn. Dem ersten verdanken wir das Ende von unserem Realitätsverlust, dem zweiten verdanken wir, daß Österreich-Ungarn wieder zusammenwächst, damit die Ausreisewillfährigen endlich dorthin fahren konnten, wo sie selber hinwollten - und keiner hat sie tiennamenisiert so wie die Menschenfreunde in China. Während die einen die Möwe gemacht haben, haben die anderen die Fliege gemacht, doch die meisten sind mutig geblieben und haben weiter demonstriert, protestiert und prozessiert, zum Beispiel vor der Gethsemanekirche im Prenzlauer Berg. Danach wurde das Stasi-Dokumentationszentrum in der Normannenstraße stürmisch eröffnet und mit der SED war schneller Schluß, als man das je für möglich gehalten hätte. Wie damals, 1848, stellte sich uns erneut die kleindeutsche Frage, die aber jetzt ganz im Stil eines eher nüchternen Jahrhunderts lautete: "was macht 2+4?" Die Antwort lautete einerseits politisch: eins, andererseits lautete sie auch mathematisch und volkswirtschaftlich korrekt: jede Menge - und zwar Schulden, denn die Wiedervereinigung wurde teuer und ist es bis heute geblieben, etwa durch den rheinischen Doppel-Umzug hierher nach Berlin und von Berlin nach Berlin, bei dem närrisch viel Geld auf Pump verpulvert worden ist, so daß der gegenwärtige Haushaltsschock vielleicht sogar heilsam ist...

Langsam aber sicher kommen wir zum Ende unsrer Berlin-Brandenburgischen Geschichte, aber nicht etwa, weil jetzt nüscht mehr käme, oder weil alles gesagt wäre, sondern weil es erst noch weitergehn muß mit unserem heutigen bewegten Jahrhundert: Den Reichstag haben wir im Jahre Null nach Christo wieder ausgepackt und verkuppelt, dann haben wir ne Loveparade erfunden, damit es im Tiergarten rund um das Reservierungsviertel nicht zu sauber aussieht, neue S-Bahnbezüge sind unterwegs; es wächst uns ein Speckgürtel städtig an die Spreehüften, und, und, und, und so könnte man noch stundenlang über unser ollet Berlin weitererzählen, aber man soll ja bekanntlich aufhören, wenns am schönsten is, nämlich genau mittendrin, genau am Schluß...

ENDE....



Quelle: a. behmel, 2004


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