Theater im Westen!

Express-Historie von A. Behmel

Rund um Westberlin stand unübersehenswert der Mauerstreifen. Deswegen konnten wir uns nicht so recht ausdehnen, sondern hätten eigentlich hoch hinaus müssen. In Westberlin ist das aber komischerweise unterblieben: Im Westen nüscht Neuet, hieß die Parole: Westberlin wurde eingemottet und verfilzte langsam vor sich hin. Schuld daran war der sogenannte Sonderstaatus von Westberlin. In anderen Worten: von Westen her kam Geld rein und man mußte nüscht dafür tun, im Gegenteil, wer effektiv gearbeitet hat, dem wurden die Zuschüsse gestrichen, basta.

Der Westen entwickelte sich auch zu einem Bundestreffpunkt für Leute, die nicht einverstanden waren und sich deswegen ihre insulare Subkultur ausgedacht haben: Nina Hagen, Udo Lindenberg, Harald Juhnke, Pfitzmann und die Froboess und all die anderen Subkultur-Unterhalter oder Hochkultur-Oberunterhalter miteinander. Manche sind auch nur gekommen, weilse in Westberlin nicht zur Bundeswehr mußten. Wieder dieser Sonderstartschuß! Hier war nüscht wie sonstwo. Auch wenn wir in Westberlin Bundesbürger waren, konnten wir trotzdem nicht in den Bundestag gewählt werden. Stattdessen saßen in Bonn 20 Mann mit Delegiertenausweisung, im Bundesrat sah es genauso aus...

Westberlin hatte seinen Namen übrigens bißchen zu unrecht, das wissen wir jetzt, denn kein einziger Bezirk von Westberlin hatte ursprünglich zu Berlin gehört und damit war gewissermaßen wieder der Zustand von vor 1920 eingetreten, nur daß alles anders hieß. Die Mauer, zumindest, was ihren Verlauf innerhalb der Stadt anging, teilte die beiden historischen Heimisphären der Stadt. Das hat uns nicht gutgetan. 1968 wurde es besonders schlimm, aber nicht zuerst bei uns, sondern in Vietnam. Denn ging es auch hier los: Erst haben die Studenten APOdiktisch gegen den Krieg demonstriert, dann hat die Bildzeitung gegen die Studenten geschrieben, dann haben die Studenten gegen die Büldzeitung demonstriert. Dann hat einer auf die Studenten geschossen und den Benno Ohnesarg getroffen. Zum Jahresausklang wurde ne schwangere Auster namens Frau Klarsfeld mit einem Schlag berühmt, als sie ihrem Bundeskanzler ne laute Ohrfeige mit Presseecho verpaßte; man kann vieles sagen, aber langweilig war dieses Jahr nicht.

Fortsetzung folgt....



Quelle: a. behmel, 2004


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