Montbijou, raus bist Du!
Express-Historie von A. Behmel
Eine tiefe Betrübnis war auch das mit Berlin selber: wir waren zwar noch Hauptstadt und als
Regierungsitz registriert; aber nicht mehr für das Deutsche Reich, sondern für das arme
Deutschland-Ost. Daraus sollte hinfort ein kommunistischer Militär-Paradestaat werden. Die
Stalinallee und das Nikolaiviertel, der Alexanderplatz und die neuen Bezirke im Osten: das
sind die architaktischen Errungschaften jener Zeit. Rund eine Million neuer Wohnungen sind
auferstanden, keine schlechte Leistung. In der Leipziger Straße kann man das Ergebnis
bewundern: Edler Betong hat es möglich gemacht, höher zu baun als je zuvor in der Geschichte
des schlechten Geschmacks. So wurde der Fernsehturm in den Himmel über Berlin hineingebaut
und gleich daneben der Palast der Republik auf Fürst Eisenzahns Bauzelle, als repressives
Zentrum der DDR. Dieses ganze Naturschuttgebiet zwischen Fernsehturm und Frankfurter Tor
bildet eine architektonische Rotfront rund um den alten Alexanderplatz herum mit dem
Centrum Warenhaus drauf, heute Malaria-Kaufrausch. 1951 haben die Rotkäppchen von der SED
das Berliner Zentrum zum nationalen Projekt erklärt: Die Stalinallee sollte zum Mittelpunkt
der Stadt werden, deswegen hamse den Bauarbeitern auch zuviel zugemutet, was zum Aufstand
vom 17. Juni geführt hat. Heute steht das Stück zwischen Strausberger Platz und Alexanderplatz
unter Denkmalschmutz.
Überhaupt, der Alexanderplatz, da war nüscht wiederzuerkennen im Vergleich mit der Vorkriegszeit.
Erst die Bomben, denn der Geschmack der fünfziger Jahre, schwer zu sagen, was schlimmer war.
Die SED konnte nun mal zwei Sachen nicht unter einen Hut bringen: erstens die moderne Zeit und
zweitens die deutsche Tradition. Man hatte einfach keinen Sinn Humor, sondern nur die Stasi.
Deswegen hamse auch die schönen alten Gebäude in die Luft gejagt. Das Stadtschloß und das
Monbijouschlößchen an der Oranienburger Straße. Ne richtige Kulturrevolution war das, fast
wie in Schina. Übrigens son kleinen Rest vom Stadtschloß kann man heute noch bewundern und
zwar in der Mitte der Fassade am Staatsratsgebäude. Dieses Portal gehörte früher zum
Stadtschloß, und weil dort der Liebknecht anno 1918 die sozialistische Republik ausgerufen
hatte, hat man das bißchen Portal erhalten. Noch was: Der sowjetische Filmsektor mit seinem
Potsdamer Museum war weltspitze: nämlich die Deutsche Film AG, die DEFA, wo weltklasse Filme
gedreht worden sind wie der kleine Muck, Paul und Paula oder auch Jakob der Lügner - rundum
sehenswerte Streifen.
Fortsetzung folgt....
Quelle: a. behmel, 2004
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