Foto: Rainer Fedke


Ach, St. Hedwich, watde wills det jeht nich!
Express-Historie von A. Behmel

Wenn der Alte Fritz sein großes Pronomen wirklich verdient hat, dann wegen zwei Umständen: er hat dafür gesorgt, daß viele Berliner Kindl ordentlich lesen und schreiben lernten und dann hat er die Alten Fritten eingeführt, gegen die wir hier anfangs mißtrauisch waren, weils ausländisch war und weil wir das am Anfang falsch verstanden hatten und nicht die Wurzelnkollen verspeist haben, sondern das üble Zeugs oben drauf, von dem uns schlecht wurde. Für die Stadt selber sind drei Sachen aufgeklärtermaßen merkenswert: die Oper, die Bibliothek und St.Hedwig, alle rund um den Bebelplatz, nebeneinander übers Eck - Kunst; Wissenschaft und Religion. Die Bibliothek von Georg Friedrich Boumann wird Komode genannt, weil sie so verwinkelt ist, daß man drin nichts finden kann. Oder vielleicht sieht das Ding einfach bißchen wie ne Komode aus? Das Vorbild für St. Hedwig war das römische Pantheon, was soviel heißt, wie unsterblicher Runder Tisch und deswegen mußte das Ding auch im Kreis sein, wie bei der UNO. Friedrich II. hat die Entwürfe dafür selber zusammengefritzt und mit seinem Stararchitekt Sir Norman Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff ins Reine gefostert; sozusagen ein architektonisches Opfer. Das ganze Ensemble sollte schließlich und frei gemauert Forum Fridericianum heißen, aber nur die Oper wurde rechtzeitig fertig und so hieß es dann eben "Platz am Opernhaus" - Spaß muß sein!

Nach dem napoleonischen Gastspiel in Berlin hat unser Schinkel mit seiner Akademie die Meile zwischen Zeughaus und Friedrichswerderscher Kirche neu gestaltet und überall noch mehr Leute auf die Dächer gestellt, damit es nicht so leer aussieht von unten da oben. Was immer erzählt wird, daß St. Hedwig einer umgedrehten Kaffetasse nachempfunden sei, kann nicht stimmen, weil die alten Römer doch noch gar keinen Kaffee kannten und wie ne Amphore sieht das Ding nicht grade aus. Also Pantheon! Der Name an sich ist interessant: Sankt Hedwig. Das ist die Nationalpatrone von Schlesien gewesien und dieses Schlesien hat der absolute Monarch absolut völkerrechtswidrig für Preussen erobert. Die Schlesier waren aber im Gegensatz zu den meisten Alt-Preußen katholisch und wollten deswegen eigene Kirchen haben. Daher mußte ne katholische Kirche her, aus Integrationsgründen. Viel später, nämlich im Mai 1933, haben die tausendjährigen Völkerrechtsbrecher direkt vor St.Hedwig gute Literatur verbrannt; und das hat dem damaligen Bischof, Konrad Preysing, mächtig gestunken. Tausend Jahre lang hat er sich von hier aus tapfer gegen die Nazis gewehrt und sich nicht unterkriegen lassen.

Fortsetzung folgt....



Quelle: a. behmel, 2004


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