Foto: Monika Morawitz


Steinschlag in Kölln
Express-Historie von A. Behmel

Ob es wirklich an unserem Nationalcharakter liegt, daß der Berliner nie zufrieden ist und immer wieder meckern und dagegen sein muß, oder ob Goethe Recht hatte, als er uns einen verwegenen Menschenschlag nannte oder ob das stimmt, was Heinrich Laube sagte: "die Berliner sind exklusiv, eitel, ohne Sentimentalität und zanksüchtig" - wie dem auch sei, der sogenannte Calvinistentumult von 1615 hat unser Bild in der Öffentlichkeit wieder mal tief geprägt.

Was war passiert? Als Kurfürst Johann Sigismund zum reformierten, also calvinistischen Glauben übergetreten ist, hat seine Frau Gemahlin nicht mitgemacht und ist lutherisch geblieben; sie wollte sozusagen nicht päpstlicher sein als der Papst. Die Konfession eines Landesherrn war aber keine Privatsache, weil ein Artikel im damaligen Grundgesetz lautete: alle Einwohner müssen in der gleichen Partei sein wie der Regiernde Bürgermeister. Und wenn jetzt der Landesvater von der FDP zu den Grünen wechselte, dann mußtense alle mit, auch die CDU-Wähler. Man kann verstehen, daß da gemeckert wurde. Außerdem hingen noch dynastische Interessen mit drin: es ging um Land, Erbfolge und um ein wenig Macht, kurz bevor der dreißigjährige Krieg ausbrach, ein kleines Vorgeplänkel. Die zwei Lager hatten sich schon längst formiert: eine katholische Bundes-Liga und die protestantische Unionspartei. Für Preussen stand dabei letztlich der Beginn von Preussens Vormarsch zur Vormacht auf dem Vorspiel.

Damals haben wir uns hier nicht besser aufgeführt als die Spinner von der ETA oder in Westbank heute, erst geschuppst, denn gehauen, denn geschossen, das alte Lied: erst in Kölln, schließlich auch in Berlin. Am Anfang haben die Reformierten den Lutheranan die Bilder aus den Kirchen rausgeräumt, aber auch die Altäre und die Kreuze weilse dachten, daß Bilder Teufelswerk seien, "Schand und Hurerei", wurde das damals genannt; dann haben die Lutheraner sich bewaffnet, weilse ihre Bilder wiederhaben wollten, dann haben die Reformierten sich auch bewaffnet, eins kam zum anderen und zuguterletzt flogen Steine und Kugeln in Richtung Markgraf, der sich klugerweise in seinem Schloß verschanzte, bis sich der Tumult gelegt hatte...

Fortsetzung folgt....



Quelle: a. behmel, 2004


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