Der Markgraf von Köpenick
Express-Historie von A. Behmel
Die Askanier hatten in Berlin nichts mehr verloren; aber wie es eben so ist, spielte sich
noch ein Nachspiel ab, und das hatte komischen Charakter. Unser rechtmäßiger Markgraf
von Brandenburg, Ludwig der Ältere, war gerade nicht zuhause, da klopfts an die Tür.
Otto von Magdeburg, der zuständige Bischof, hat aufgemacht und nachgesehen, wer da
reinwollte. Ein alter Mann stand da und verlangte ein warmes Getränk, also ein Bier,
und es war damals so üblich, daß einer, der was trinken wollte, immer eine eingeschenkt
bekam. Und jetzt läßt der Alte auf einmal seinen Ring ganz dramatisch in den Becher
fallen, so daß Otto große Kulleraugen bekam, denn das war der Ring von Markgraf Waldemar,
ein teures Erbstück. Sofort sind alle hin, haben den Alten genauer angeschaut und waren
sich einig: das ist ja unser Exmarkgraf Waldemar! "Vor 30 Jahren", hat Waldemar gesagt,
bin ick nich gestorben, sondern nur auf Pilgareise jegangen, nach Palästina zum Heilgen
Grabe. Ich wollte mein Leben in müßiger Buße zuende bringen, aber da ha ick jehört, daß
mein jeliebtet Brandenburg unter baierische Fremdherrschaft gekommen ist und denn bin
ich nüscht wie los und zaricke." Man hat ihm geglaubt, und auch heute noch wissen wir
nicht ganz genau, ob das alles nicht ein einziger Riesenschwindel war oder ob es
vielleicht doch stimmte.
Dann hat Waldemar Politik und Geschichte gemacht. Die anderen Fürsten im Reich
unterstützten ihn teilweise, nämlich, wenn sie den Baiern schaden wollten, oder bekämpften
ihn, wenn sie pro-baierisch waren. Vor allem der spätere Kaiser Karl IV. wollte sich die
Unterstützung von Brandenburg sichern und war richtig für den falschen Waldemar, wie er
inzwischen richtig hieß. Ganz im Gegenteil zu uns Berlinern übrigens, wir wollten partu
baierisch bleiben und haben den Waldemar nicht reingelassen; darum wurde Berlin von ihm
belagert und angezündet, denn mit dem Waldemar gabs auf einmal zwei Markgrafen - das
konnte nicht gut gehen und wir hatten Bürgerkrieg. Doch es kam noch schlimmer: 1348 brach
die Pest aus und brachte ein Viertel der europäischen Bevölkerung um, mitten in Berlin.
All das hat unser Willibald Alexis in seiner Geschichte vom "falschen Waldemar"
aufgeschrieben - ein Roman wie er im Buche steht. Am Ende ist es dem Waldemar offenbar
doch zu viel geworden und er hat rechtzeitig abgedankt und die Baiern kamen wieder dran.
Er starb friedlich im Exil, das ihm die Anhaltiner angeboten hatten, denn diese waren
mit den Askaniern verwandt und daher mit den Baiern verfeindet, was alle ganz klar sahen.
Fortsetzung folgt....
Quelle: a. behmel, 2004
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